Pressemitteilung vom 08. Oktober 2021
Im Fall von Katia, Mervan und ihrer Mutter ergab sich eine neue Situation, leider jedoch eine äußerst unerfreuliche. Die Abteilung für Zuwanderung und Integration der Stadt und des Landkreises Kassel (kurz: Ausländerbehörde) hat in einem Schreiben vom 01.10.2021 eine Rückkehr für die Mutter von Katia und Mervan kategorisch abgelehnt. So heißt es darin: „[…] nach Prüfung der übersandten Unterlagen muss ich Ihnen leider mitteilen, dass die Erteilung eines Visums für die von Frau Hamou angestrebte Beschäftigung als Reinigungskraft ausgeschlossen ist.“
Für Katia und Mervan bestünde noch eine Chance, falls die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) erfolgt, die zuvor zu prüfen hat, ob „es im Bundesgebiet für die angestrebten Ausbildungsstellen [nicht] ausreichend Bewerber gibt, die sich bereits erlaubt im Bundesgebiet aufhalten. Hierbei hat der Arbeitgeberwunsch bezüglich des Bewerbers keinen Einfluss.“
In Anbetracht der Tatsache, dass das Bauunternehmen Düsterwald seit 15 Jahren bei der BA offene Ausbildungsstellen angibt, diese jedoch bislang durch die BA nicht besetzt werden konnten, erscheint die durch die BA erteilte Auskunft wie Hohn und einfach nur unglaublich! Auch die intensive Suche der Baufirma nach Auszubildenden seit dem Jahr 2016 brachte keinen Erfolg und es konnten keine passenden Bewerber gefunden werden. „Wir haben nun endlich mit Mervan einen vielversprechenden Auszubildenden gefunden, doch dieser wird uns einfach aus den Fingern gerissen, abgeschoben und darf selbst nach Aufzeigen dieser Fakten das Land nicht mehr betreten – das ist uns einfach nur unverständlich“, so Frau Düsterwald in einem Telefongespräch.
Eine vergleichbare Situation liegt im Fall seiner Schwester Katia vor. Die Politik spricht ständig vom Pflegenotstand, es wird in anderen Ländern um Pflegefachpersonal geworben, Millionen von Euro fließen Werbekampagnen, doch eine Auszubildende, die Freude daran hat, anderen Menschen zu helfen, darf dies nicht tun.
Wieso gibt man Katia und Mervan keine Chance, nicht nur diese dringend benötigten Fachkräfte zu werden, sondern auch zusätzlich in die Sozialsysteme das zurückzuzahlen, was ihre Schulausbildung und Integrationsarbeit bislang gekostet hat? Diese Frage wird mir nicht nur als klar denkender Mensch unbeantwortet bleiben, sondern bleibt mir auch als Steuerzahler ein Paradoxon. Mit ihren Ausbildungsvergütungen würden sie dem Staat nicht mehr einen Cent kosten, ganz im Gegenteil – sie würden sogar ins Steuersystem einzahlen.
Trotz allem heißt es weiter im Schreiben der Ausländerbehörde: „Ich gehe daher davon aus, dass auch bei den Kindern die Erteilung eines Visums und somit die Befristung der Einreise- und Aufenthaltsverbote nicht in Betracht kommt.“ Für mich heißt dies eindeutig, dass gar nicht erst ein Versuch unternommen wird, den beiden eine Chance zu geben, die in sie investierte Zeit und Gelder wieder zurückzugeben.
Und zum Schluss erlaube ich mir, noch auf eine in diesem Kontext deutlich werdende, unfassbare Tragödie sowie fehlende Menschlichkeit hinzuweisen. Wie können ein Land und dessen ausführende Organe es als Selbstverständlichkeit ansehen, dass Mervan und Katia – damit sie überhaupt eine Chance auf ein Visum haben – von ihrer Mutter getrennt werden? Zwei junge Menschen im Alter von 18 und 19 Jahren… Armes Deutschland!
Stefan Zindel, Wolfhagen
Oberstudienrat an der
Walter-Lübcke-Schule
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